„Alle Augen schauen nach Simbabwe, daher ist es an der Zeit für Reformen“, so endet der Artikel von Thomas Wollermann in der Zeitschrift Welt-Sichten 2/22. Der Anlass ist, das Simbabwe die Präsidentschaft der Kimberley Process Certification Scheme 2023 übernehmen wird.

Dieses Format ist für die Kontrolle des Handels mit sogenannten Blutdiamanten eingerichtet, der Vorsitz wechselt jährlich und das vorsitzende Land hat das Recht, z.B. Kontrollkommissionen in andere Länder zu entsenden. Simbabwe wurde 2000 zu einem der wichtigsten Diamantenlieferanten weltweit. In Marenge, im Süden des Landes, wurden riesige Diamantenfelder entdeckt, die weltweit größten Funde von Rohdiamanten in der jüngeren Geschichte.

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Die Nachricht von den Funden löste einen Diamantenrausch aus, der viele Menschen anlockte. Im Oktober 2009 beschloss die Regierung, diesen ungeregelten Abbau zu unterbinden, setzte das Militär mit brutaler Gewalt gegen die Schürfer ein und besetzte die entstandene Kraterlandschaft. Bei dieser Aktion unter dem Namen Operation Hakudzokwi , zu deutsch ohne Wiederkehr, kamen mehr als 200 Menschen ums Leben, ein blutiger Auftakt für Simbabwes Einstieg in den Diamantenhandel.

Allerdings bleiben diese Diamanten in Europa und in den USA derzeit noch unverkäuflich. Grund dafür sind die Sanktionen gegen die Minerals Marketing Corporation of Simbabwe, das Staatsunternehmen für den Kauf und die Vermarktung sämtlicher Mineralien Simbabwes außer Gold.

Es gibt immer wieder Berichte über ausbeuterische Arbeitsbedingungen in Marenge, die Beziehungen zwischen der Mine und den Menschen in der Region sind angespannt. Etwa zur selben Zeit, als Simbabwe den stellvertretenden Vorsitz des Kimberley Prozesses erhielt, wurde der 90 jährige Robert Chiadzwa, Vorsteher des Dorfes Chiadzwa, zusammen mit weiteren 28 Dorfbewohnern verhaftet, nachdem die gegen das Verhalten der Bergbauunternehmen Anjin Investments, einem zwielichtigen Joint Venture zwischen einem chinesischen Konzern und der Matt Bronze Enterprise, einem Unternehmen, das zum Wirtschaftsimperium des simbabwischen Militärs gehört, protestiert hatten.

Die Arbeitsbedingungen in den Diamantenminen sind häufig entsetzlich. Dort arbeiten Kinder ohne Schutzkleidung und hohem Verletzungsrisiko, die Anlagen sind schlecht belüftet und die Arbeitszeiten lang. Nach Schätzungen sterben jedes Jahr etwa 40 Arbeitende.

Jetzt gibt es eine gewisse Hoffnung, dass, wenn Simbabwe den Vorsitz des Kimberley Prozesses übernimmt, die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen in den Minen und der Schmuggel in Simbabwe ein Ende findet. Für die simbabwische Zivilgesellschaft und die Medien ist es allerdings noch wie vor schwierig, Informationen über Abbauverträge oder Einnahmen aus dem Diamantengeschäft zu erhalten. Verkäufe und Lagerbestände unterliegen der Geheimhaltung. Laut dem Rechnungshof konnten 2019 Steine im Wert von 140 Millionen US Dollar aufgrund von Unstimmigkeiten in den Aufzeichnungen nicht ordentlich verbucht werden.

Mehr als die Hälfte der 15 Mill. Einwohner des Landes werden von der Weltbank als extrem arm eingestuft. Und das, obwohl Simbabwe die Kornkammer des südlichen Afrikas war. Wenn der Kimberley Prozess den Bürgern Simbabwes Nutzen bringen soll, muss sich die zweifelhafte Art und Weise, wie die Geschäfte mit den Edelsteinfeldern im Osten des Landes geführt werden, rasch und radikal ändern. Der Hoffnungsschimmer ist, dass Simbabwe sich nun keine Blöße mehr leisten kann da von ihm erwartet wird, dass es Würdenträger des Kimberley Prozesses empfängt, Überprüfungsmissionen in Mitgliedstaaten schickt und Gastgeber der jährlichen Vollversammlung und der halbjährlichen Zwischensitzungen ist. Ein Land kann schwerlich eine wichtige Position im Kimberley Prozess inne haben und zugleich gegen dessen Bestimmungen verstoßen, so die Hoffnung.

BlutsteineWährend ich dieses schreibe, liegt neben mir das Buch von Ruth Weiss, Blutsteine, herausgegeben 2003 bei Maro, das im Jahre 1976 beginnt und an einem fiktiven Land Bayemba in Südafrika beschreibt, wie das Geschäft mit den Diamanten abläuft. Spannend und kenntnisreich geschrieben, die Autorin war viele Jahrzehnte Wirtschaftsjournalistin im südlichen Afrika. Es soll niemand sagen, er oder sie hätte nicht gewusst, wie diese Geschäfte stattfinden. Ruth lässt vor 20 Jahren (!) einen der Protagonisten in ihrem Buch reflektieren „ ich dachte an die Zivilbevölkerung der betroffenen Länder, die gehetzt und gejagt wurden. Endlich ging mir ein Licht auf. Die Kriege in einigen dieser Länder hatten etwas gemeinsam: Diamanten! Wieviel kosten die glitzernden Steine heute? 300 $ pro Karat. Das bedeutete, dass es sich für einen Händler lohnte, dass De-Beers-Monopol zu umgehen. Genau wie es sich für den starken Mann einer Region lohnte, den Bergwerken seinen Schutz zu verleihen. Diamanten bedeuten das große Geld. Bei einem Umsatz von mehreren Millionen konnte es sich eine Lokalgröße erlauben, einige Tonnen Waffen zu erwerben. Das System des kontrollierten Diamantenzuflusses in den Markt war dabei zu zerbröckeln. Das war es, was die Kriege entfachte.“ (S.27) Das Buch ist auch heute noch lesenswert, weil der Kampf um die Diamanten und vor allem um Coltan weiter geht. Der vollständige Artikel, aus dem ich zitiert habe, finden Sie in der Zeitschrift Welt- Sichten, die ich allen, die an dem, was in der südlichen Halbkugel der Welt passiert interessiert sind, ans Herz lege.
Peter Schrage-Aden

Buchtipp:
Ruth Weiss
Blutsteine MaroVerlag 2003
Lektorat: Lutz Kliche
www.Ruth-Weiss-Gesellschaft.de

 

Was versteht man unter dem Kimberley Abkommen?

Der Kimberley-Prozess ist ein komplexes System, das über staatliche Herkunftszertifikate den Handel mit sogenannten Blutdiamanten unterbinden soll. Als Blutdiamanten werden geschmuggelte Diamanten bezeichnet, durch die verschiedene Kriege in Afrika finanziert wurden bzw. werden.

 Was regelt der Kimberley-Prozess?

Der Rat der Europäischen Union hat mit der Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 vom 20. Dezember 2002 ( KP-VO ) das Zertifikationssystem des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten umgesetzt, das den Handel mit Blut- und Konfliktdiamanten unterbinden soll.

Was sind konfliktfreie Diamanten?

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Als Blutdiamanten werden (Roh-)Diamanten bezeichnet, durch deren Verkauf bewaffnete Konflikte finanziert werden. Derzeit verpflichten sich im Kimberley-Prozess 54 Teilnehmer, die insgesamt 80 Staaten repräsentieren, nur als konfliktfrei zertifizierte Diamanten in den legalen Handel gelangen zu lassen.

 Was sind Blutdiamanten einfach erklärt?

Ein Blutdiamant oder Konfliktdiamant ist nach Definition des Kimberley-Abkommens ein Diamant, mit dessen Erlös gewalttätige Konflikte finanziert werden. ... Als Blutdiamanten sollen nach ihnen alle Diamanten bezeichnet werden, die unter Verletzung von Menschenrechten abgebaut werden.